ANDERSRUM IN TRACHT Im Jahr 1985 roch die Turnhalle von Andersrum – einem jener ostfriesischen Dörfer, die selbst auf Landkarten gähnen – nach Linoleum, Franzbranntwein und ein bisschen Triumph. Harald Scholle, 34, Schnurrbart von mittlerer Überzeugung und Besitzer eines Kadett, der nur bergab sportlich war, trainierte die Damenmannschaft des TSV Andersrum im Handball. Wie das kam? „Weil sich keiner sonst gemeldet hat“, sagte Harald. Die Damen sagten: „Weil er nett ist und pfeifen kann.“ Beides stimmte irgendwie. Die Saison lief wie geschmiert, manchmal sogar besser, und als der Schlusspfiff des entscheidenden Spiels verhallte, stand fest: Kreismeister 1985. In Andersrum bedeutete das, dass drei Tage lang die Kirchenkuh mehr Besuch bekam als die Kirche. „Feiern tun wir bei Harms aufm Hof“, beschloss Kapitänin Susanne. „Friesen Wies’n. Wie in München, nur ohne Berge und mit Geschmack.“ „Aber Tracht!“ fügte Heike hinzu. Harald verzog das Gesicht, als hätte ihm jemand einen harzigen L...