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Nie wieder!

Vor ca. 10 Jahren nahm ich an diversen Poetry Slams in unserer Stadt teil.
Mein bisher bester Text hat eine traurige Aktualität bekommen. Darum hier für alle:

„Nie wieder“

Am Jahrestag steht der Politiker in der Halle an der Kanzel und beschwört die zwei Worte, die schon im Grundgesetz, unserer Verfassung stehen: Nie wieder!
Es ist der Jahrestag irgendeines Ereignisses der unrühmlichen deutschen Geschichte- Machtergreifung, Reichskristallnacht, Einmarsch in Polen oder bedingungslose Kapitulation.
„Nie wieder“ sagt er und macht dazu ein betroffenes Gesicht.
Nie wieder Krieg sagt er, aber die Worte Kosovo oder Afghanistan kommen in der Rede nicht vor.
Nie wieder Zwangsarbeit, aber die Streichung des Existenzminimums bei Ablehnung unwürdiger Arbeit erwähnt er nicht. Nie wieder Verfolgung ethnischer Gruppen sagt er, aber die Namen Kurnaz und Masri bleiben unerwähnt.
Stattdessen steht er mit Betroffenheitsmiene an der Kanzel in der Hans-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart, benannt nach einem bekennenden Nationalsozialisten, der das „Glück“ hatte, von einem linken Terroristen erschossen worden zu sein. Das wäscht nicht nur die braune Brühe ab, das adelt sogar. So dass man wieder Hallen, Straßen oder Plätze nach ihm benennen kann.
Wenn rechte Täter Opfer linker Gewalt werden, sind sie schlagartig rehabilitiert.
Ein Mann mit dunkler Haut, schwarzen Haaren und Vollbart steht auf und ruft: „Heuchler!“
Da lösen sich aus dem Schatten des Hallenhintergrunds zwei Männer in schwarzer Uniform, auf der „Security Service“ steht. Und als ich noch darüber nachdenke, wie man das wohl abkürzen kann, führen sie ihn gewaltsam hinaus.
Nie wieder sagte der Politiker in Stuttgart, wo kurz zuvor friedlich demonstrierenden Bürgern mit Wasserwerfern die Augen aus dem Kopf geschossen wurden.
Stattdessen beruft man sich auf die jüdisch-christlichen Wurzeln.
Eine Verhöhnung nicht nur der jüdischen Opfer der Geschichte, die man hier beschwört sondern auch 1400 Jahre zu spät.
Denn darauf hatte sich bereits der Prophet Mohammed berufen, der sich den Monotheismus der Juden und Christen abgeschaut hatte. Aus Javeh und Gott wurde Allah. Gemeint aber ist immer der Eine, derselbe.
Das war es, was der Mann in der Schleyer-Halle sagen wollte, bevor er vom „SS“ abgeführt wurde.
Nie wieder sagte der Politiker, während sein Parteigenosse Hunderttausende verdiente mit einem Buch, das wegen Volksverhetzung verboten gehörte.
Nie wieder?
Der Boden ist längst bereitet!
„Aber das ist ja gar nicht vergleichbar!“
Nein, noch nicht wieder...

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